Was ist eigentlich "Resistente Stärke"?
Kaum ist die Euphorie über neue scheinbar krebsverhindernde Joghurtkulturen und Fischölkapseln die vor Herzinfarkt schützen sollen abgeklungen, geistert schon das nächste Zauberwort durch die Presse: "Resistente Stärke"
Allgemeines
Stärke kann in verschiedene Klassen eingeteilt werden:
  1. Schnell verdauliche Stärke
    (Bsp: Gekochte Nahrungsmittel)
  2. Langsam verdauliche Stärke
    (Bsp: Die meisten rohen Lebensmittel)
  3. 3.Resistente Stärke
    (Bsp: Manche rohen Lebensmittel, gekochte und dann wieder erkaltete Lebensmittel)

Verdauliche Stärke wird beim Abbau einer enzymatischen Spaltung unterzogen. Endprodukte sind Glucose (Einfachzucker), Maltose (Zweifachzucker) und Oligosaccharide (Mehrfachzucker). Glucose kann direkt in die Darmschleimhaut aufgenommen werden, Zweifachzucker (Maltose, Lactose, etc.) werden durch Disaccharidasen (in der Darmschleimhaut) gespalten und aufgenommen, Oligosaccharide werden von anderen Glucosidasen weiter gespalten und erst dann aufgenommen. [Siehe auch Kohlenhydratverdauung]

Die resistente Stärke hingegen ist (wie der Name schon sagt) resistent gegen Verdauungsenzyme. Sie ist damit den Ballaststoffen ähnlich, die auch relativ resistent gegen menschliche Verdauungsenzyme sind. Bei der "Ähnlichkeit" verwundert es auch nicht, dass die Existenz von resistenter Stärke bei der Suche nach einer Methode zur Bestimmung von Ballaststoffen gefunden wurde. Definiert werden kann resistente Stärke als:

Der Stärkeanteil, der der Hydrolyse durch die Amylasen (kohlenhydratspaltenden Enzyme) im Dünndarm widersteht und demnach auch nicht absorbiert wird.
Ganz unverändert verlässt dieser Stärketeil den Körper allerdings nicht. Im Dickdarm findet, durch die dort zu findende Mikroflora, ein teilweiser Abbau statt. Durch die bakterielle Fermentation entstehen kurzkettige Fettsäuren wie Essigsäure, Buttersäure, Propionsäure und Gase.

Wo ist resistente Stärke zu finden?
Resistente Stärke findet sich als unverdauliche Stärke in rohem Gemüse, gemahlenen Körner und Samen, als resistente Stärke in rohen Kartoffeln und z.B. Bananen, sowie als retrogradierter Stärke z.B. in gekochten und dann erkalteten Kartoffeln, "altbackenem Brot" und Cornflakes. Die retrogradierte Stärke scheint die für die menschliche Ernährung bedeutendste zu sein. Merkmal der retrogradierten Stärke ist, dass die Erhitzung und anschließende Erkaltung erst zur Bildung der resistenten Stärke führt.

Lebensmittel die nennenswerte Mengen (2-8 g/100 g Lebensmittel) resistente Stärke enthalten sind z.B.:

  • Bratkartoffeln
  • Grüne Bohnen
  • Cornflakes
  • Kekse
  • Vollkorn-Haferbrot
Worin besteht der Unterschied zu Ballaststoffen?
Resistente Stärke speichert im Gegensatz zu Ballaststoffen kaum Wasser und liefert i.d.R. keine Energie. Durch das fehlende Wasserbindungsvermögen entfällt z.B. auch das bei Ballaststoffen typische Sättigungsgefühl.

Wirkungen der resistenten Stärke:
  1. Resistente Stärke hat wahrscheinlich eine mäßig protektive (schützende) Eigenschaften in Bezug auf die Entstehung von Dickdarmkrebs [s.a. Krebs und Ballaststoffe]: Der Mechanismus könnte folgender sein: Mit der vermehrten Aufnahme von resistenter Stärke steigt auch die Menge an (der von den Bakterien produzierten) Buttersäure. Buttersäure gilt als ein Schutzfaktor vor Dickdarmkrebs. Außerdem findet durch eine ph-Wert-Absenkung eine Hemmung der Umsetzung von primären zu sekundären Gallensäuren statt. Da sekundäre Gallensäuren zu den zelltoxischen Substanzen gezählt werden, ist hier also eine krebsverhindernde Wirkung möglich.
  2. Günstige Auswirkungen auf Blutfette und den Insulinspiegel durch resistente Stärke, sind nach neueren Untersuchungen nicht zu erwarten.
Resümee:
Wie soll man sich jetzt, nach Aufnahme der neuen Erkenntnisse, verhalten? Die Bratkartoffelfraktion wird begeistert aufschreien: Wir haben es ja schon immer gewusst: Bratkartoffeln sind gesund! Vielleicht werden sogar pfiffige Werbestrategen mit der gesunden Bratkartoffel werben... Allerdings erscheint die Menge der natürlich in Lebensmitteln vorkommenden oder gebildeten resistenten Stärke zu gering für ernährungsphysiologische Vorteile.
Dennoch wird der resistenten Stärke von Lebensmitteltechnologen eine große Zukunft vorausgesagt. Da sie geruch-, farb- und geschmacklos ist, kann sie eben zur Anreicherung in Lebensmitteln benutzt werden. Da resistente Stärke auch kein Zusatzstoff ist, sondern ein Lebensmittel, wird wahrscheinlich noch nicht einmal ein Genehmigungsverfahren nötig sein.

Aber auch hier gilt wieder, wie in vielen anderen Bereichen der Ernährung auch: Der Blick auf die Einzelheit bringt wenig. Die resistente Stärke sollte vielmehr im Zusammenhang mit allen Ballaststoffen gesehen werden. Wir essen insgesamt zu wenig Ballaststoffe. Resistente Stärke ist ein (kleiner) Teil der Ballaststoffe, der vorwiegend in Lebensmitteln vorkommt, die auch andere Ballaststoffe enthalten. Eine "Kurswendung" ist also nicht notwendig. Der einzige Unterschied ist vielleicht, daß man mit etwas besserem Gewissen Bratkartoffeln essen kann...

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