
Die Herausgeber von Nährtwerttabelen haben in der Regel nicht die Mittel, selbst alle Lebensmittel zu analysieren.
Sie greifen häufig auf eine fertige Tabelle zurück. Meist ist dies der Bundeslebensmittelschlüsssel (BLS).
Der BLS ist ein riesiges Tabellenwerk, in dem ca. 12.000 Lebensmittel und ganze Mahlzeiten mit ihren Nährwerten zu finden sind.
Herausgegeben wird das Werk vom Bundesinstitut für gesundheitliche Aufklärung und Veterinärmedizin (bgvv).
Wie sieht es nun mit der Genauigkeit dieser Tabelle aus?
In einer Presseerklärung von 1996 äußert sich das Amt selbst eher kritisch zu der Praxistauglichkeit einer älteren Version:
"Durch die Anwendung unterschiedlicher Nährwerttabellen und Bezugsgewichte, durch geschätzte Portionsgrößen und willkürliche Festlegung fehlender Analysewerte konnte es in der Vergangenheit zu Abweichungen kommen,
die die Aussagekraft wissenschaftlicher Arbeiten einschränken."
Die neuere Version II.2 sollte nun frei davon sein. Liest man die Presseerklärung weiter, erfährt man aber Erstaunliches: Die Werte der 12.000 Lebensmittel und Mahlzeiten aus der Tabelle basieren auf der Analyse von nur 1265 Lebensmitteln.
Mit anderen Worten: Nur ein Zehntel der Daten wurde tatsächlich analysiert. Dabei dürfte sich der eine oder andere Fehler eingeschlichen haben, so dass auch das bgvv meint:
"Diese daraus resultierenden Fehlermöglichkeiten und Ungenauigkeiten sind für die Auswertung von Verzehrserhebungen zwar akzeptabel, sollten aber bei der immer häufigeren Anwendung des BLS zur Berechnung strenger Diäten und Kostpläne berücksichtigt werden."
Besserung sollte es in der Version II. 3 geben.
Doch auch diese Version enthält Fehler, die sogar die Auswertung von Verzehrserhebungen verfälschen können.
So ergaben sich in der "Gießener Vollwertstudie" erhebliche Unterschiede in der Berechnung der Vitamin D-Aufnahme von Vegetariern,
je nachdem welche Version des BLS zugrunde gelegt worden war. Nach der neuen Version hatten die meisten Vegetarier genug des sonst eher kritischen Vitamins aufgenommen, nach der alten nicht.
Der Grund dafür war der falsch angegebene Vitamin D-Gehalt von Wein in der neuen Version.
Ein Glas pro Tag reichte - bedingt durch die falsche Nährwertangabe - bereits schon aus, um scheinbar den Tagesbedarf an Vitamin D zu decken.
Die Gefahr, die sich aus falschen Tabellengrundlagen für die Auswertung von Studien ergibt, kann man sich leicht vorstellen.