Vom Rohöl zum Speiseöl: Die Fettverarbeitung
1. Einleitung
Nicht alle Öle, die im Kaufhaus zu erhalten sind, lassen sich unter schonenden Bedingungen kalt pressen. Im Gegenteil: Vom ersten Pressen bis zum verzehrsgeeigneten Öl sind oft einige Schritte nötig, die erwünschte aber auch unerwünschte Folgen haben. Da die Ernährungsindustrie sehr interessiert an maßgeschneiderten Fetten mit genau definierten Schmelzpunkten ist, finden Verarbeitungsschritte wie die Fetthärtung und die Umesterung immer häufiger Eingang in die Fettverarbeitung Wie die Verarbeitung eines Rohöls/-fettes aussieht, soll hier erläutert werden.

Fett ist (chemisch gesehen) ein Glycerinmolekül in der Form eines E´s mit 3 Fettsäureresten, die an diesem E hängen. Diese Fettsürereste sind lange Kohlenstoffketten, die man im "gesättigte" und "ungesättigte" unterscheiden kann.


 
Folgende Abbildung zeigt so einen Fettsäurerest, der an 2 Stellen ungesättigt ist. Es handelt sich um die Linolsäure, die in vielen Pflanzenölen enthalten ist.

Je nachdem, wieviel der Kohlenstoffatome gesättigt oder ungesättigt sind, verändert sich der Schmelzpunkt eines Fettes. Je gesättigter ein Fett ist, je höher schmilzt es. Die Länge der Fettsäureketten beeinflußt die Schmelztempperatur ebenfalls. Je länger eine solche Kette, desto höher schmilzt ein Fett. Öle enthalten relativ viele ungesättigte und lange Fettsäuren. Sie sind daher flüssig. Wann man nun von Öl oder Fett spricht, ist von dem Zustand bei Zimmertemperatur (20°C) abhängig. In flüssigem Zustand spricht man von einem Öl, bei festem Zustand von Fett. Fette und Öle besitzen einige sogenannte Begleitstoffe. Die wichtigsten sind die fettlöslichen Vitamine E,D,K,A.

Außerdem liefern besonders Pflanzenöle essentielle Fettsäuren. Diese kann der menschliche Körper nicht selber herstellen, ist aber, damit bestimmte Stoffwechselvorgänge ablaufen können, auf sie angewiesen. Deshalb müssen täglich mit der Nahrung ca. 10 g dieser Fettsäuren aufgenommen werden. Vitamin E ist darüber hinaus ein natürliches Antioxidanz, das das schnelle "Ranzigwerden" eines Öls verhindert. All diese Stoffe sollen bei der Raffination möglichst nicht zerstört werden, da sie maßgeblich zur Hochwertigkeit der einzelnen Öle beitragen. Eine möglichst schonende Prozeßführung ist also oberstes Ziel bei der Fettverarbeitung.

 

Die Raffination
Die folgende Grafik zeigt die einzelnen Schritte der Raffination im Überblick.

Abbildung der Verfahrensschritte der klassischen Raffination

Um eine nachteilige Beeinflussung der Öle (Autooxidation, Polymerisation) zu verhindern, sind einige Kriterien bei der Raffination zu beachten:

  • Verhinderung des Kontaktes von Rohöl mit Sauerstoff;
  • Abwesenheit von Schwermetallen;
  • möglichst kurze Prozeßführung bei möglichst tiefen Temperaturen.

1. Entlecithinierung
Die Entlecithinierung wird nur vollzogen, wenn sich die Lecithingewinnung lohnt. Dies ist z.B. bei Sojaöl und auch bei Rapsöl der Fall . Dem Rohöl wird ca. 2-5% Wasser zugegeben und das Gemisch auf ca. 90°C erhitzt. Es bilden sich Phospholipide, die sich in der Grenzschicht zwischen Öl und Wasser anreichern. Die Emulsion wird dann mittels Seperator getrennt. Das Lecithin fließt dabei mit ab und kann durch Eindampfen gewonnen werden.

2. Entschleimung
In diesem, bei allen Ölen durchgeführten Arbeitsschritt wird dem Rohöl Phosphorsäure zugesetzt und auf ca. 90°C erhitzt. Dabei fallen Eiweiß- und Kohlenhydratverbindungen aus, die das Öl sonst trüben würden. Die ausgeflockten Verbindungen können einfach abfiltriert werden.

3. Entsäuerung
Bei der Entsäuerung werden freie und kurzkettige Fettsäuren entfernt, die, wenn sie im Öl verblieben, den Geschmack beeinflussen und den Verderb beschleunigen würden.
Die Abtrennung erreicht man durch Zugabe von 15%iger Natronlauge und anschließendem Auswaschen des Öls.

4. Bleichung
Zur Abtrennung von Farbstoffen, Hydroperoxiden, Schwermetallen wird (bei 90°C) Bleicherde (Aluminiumsilikat) zugesetzt. Oft geschieht dies auch in Kombination mit Aktivkohle.

5. Desodorierung
Bei der Desodorierung werden die höchsten Temperaturen des Raffinationsprozesses erreicht. Heute üblich sind Temperaturen um 240°C. Dabei kommt es zu einer Abtrennung von unerwünschten Geruchs- und Geschmacksstoffen. Ebenso werden flüchtige Verbindungen (PCP´s, Benzpyren, Nitrosamine) und Pestizide entfernt.
 

Die physikalische Raffination
Diese Form der Raffination hat nur noch 2 Stufen:

  1. eine kombinierte Entschleimung und Vorbleichung;
  2. die kombinierte Entsäuerung und Desodorierung per Destillation.

In der ersten Stufe wird nach der Trocknung (bei ca. 50 hPa und 80-90°C) Phosphorsäure und Bleicherde zugegeben. Die ausfallenden Schleimstoffe und die Bleicherde werden dann abfiltriert. In der zweiten Stufe wird bei 5 hPa auf 200-250°C erhitzt. Diese Methode hat bisher nur Bedeutung bei Kokos- und Palmöl, sowie Palmkernfett. Das Verfahren ist besonders geeignet, wenn nur eine Ölsorte verarbeitet wird, bspw. in Erzeugerländern der o.g. Ölsorten.

4. Das Winterisieren
Mit dieser Methode werden Öle kältebeständig gemacht. Verhindert wird dadurch z.B. die Trübung der Öle im Kühlschrank. Jeder der schon einmal kaltgepreßtes Olivenöl im Kühlschrank aufbewahrt hat, weiß, was damit gemeint ist.
Damit Öle kältebeständig werden, müssen die für die Trübung verantwortlichen Triglyceride und Wachse, die einen hohen Schmelzpunkt haben, abgetrennt werden. Um dies zu erreichen, wird das Öl "fraktioniert". D.h.: Es wird heruntergekühlt und die ausfallenden Kristallisationsprodukte werden abfiltriert.
Eine andere Möglichkeit ist die der Zugabe von Mono- und Dialcylglyceriden. Durch dieses Verfahren wird die Bildung der Kristallisationsprodukte gehemmt.

5. Die Fetthärtung
Öle werden hauptsächlich gehärtet um:
  • den Schmelzpunkt flüssiger Öle zu erhöhen und damit feste Fette für die Margarine- und
  • Backfettindustrie zu erhalten;
  • eine verbesserte Oxidations- und Geschmacksstabilität zu erhalten;
  • bei Fischölen ein akzeptables eßbares Öl zu bekommen.

Bei der Fetthärtung werden die Doppelbindungen der Fettsäure durch Wasserstoff zum Teil oder gänzlich abgesättigt. Dieser Hydrierungsprozeß findet typischerweise im Autoklaven bei Temperaturen von 150-200°C unter Wasserstoffdruck von 1-5 bar in Anwesenheit eines Katalysators (Nickel, Nickelsulfide) statt.
Chemisch erfolgt dabei eine Anlagerung des eingeblasenen Wasserstoffes an die Doppelbindungen des Öls, das dadurch zum Teil oder gänzlich abgesättigt wird. Daraus ergibt sich eine Erhöhung des Schmelzpunktes und damit ein Übergang vom flüssigen Öl zum streichfähigen Fett. So wird bei völliger "Durchhärtung aus der Linolensäure die Stearinsäure:

Linolensäure:  Schmelzpunkt -11°C
Stearinsäure:  Schmelzpunkt 69°C

Früher wurden Öle oft vollständig zum gesättigten Fett durchgehärtet. Dies ist, wegen der sich daraus ergebenden talgigen Konsistenz des Fettes, heute nicht mehr üblich. Der Prozeß wird in der Regel vorher abgebrochen, so daß noch einige Doppelbindungen verbleiben. Gehärtete Fette finden sich typischerweise in einigen Margarinen, vielen Back- und Plattenfetten, aber auch in vielen Fertigprodukten, die mit gehärteten Fetten hergestellt worden sind. Dies sind z.B.: Backofen Pommes-frites, Fertigsuppen und -soßen, Blätterteige, Nuß-Noughat-Cremes, Kartoffelchips, Kekse, etc.

6. Trans-Fettsäuren
Ein typisches Nebenprodukt der Fetthärtung sind die sogenannten trans-Fettsäuren. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß sich die beiden Wasserstoffatome an einer Doppelbindung gegenüberstehen. Bei den natürlich vorkommenden cis-Bindungen befinden sie sich auf der gleichen Seite. Folgendes Bild macht die Konsequenzen deutlich, die sich daraus ergeben:

Cis-Fettsäuren erhalten durch diese geometrische Struktur einen Knick von ca. 40°, der die Anordnung der Fettmoleküle im Kristallgitter stört. Trans-Fettsäuren tun dies, bedingt durch ihre geradlinige Struktur nicht und haben dadurch einen höheren Schmelzpunkt. Sie verhalten sich dadurch in etwa so, wie gesättigte Fettsäuren, die ebenfalls lineare Fettsäurereste besitzen.

Da bei der Fetthärtung die Erhöhung des Schmelzpunkte vorrangiges Ziel ist, sind die entstehenden trans-Fettsäuren vom Hersteller oft gar nicht unerwünscht.

7. Die Umesterung
Ziel dieses Verfahrens ist es (ebenso wie bei der Härtung), sogenannte "maßgeschneiderte" Fette zu erhalten. Dies geschieht durch den Austausch der Fettsäurereste innerhalb des Triglyceridmoleküls (intramolekulare Umlagerung) und zwischen verschiedenen Triglyceridmolekülen (intermolekulare Umlagerung). Diese Umlagerung hat zur Folge, daß sich der Schmelzpunkt des Fettes erhöht, nicht aber die chemische Fettsäurestruktur.

    WARUM DER SCHMELZPUNKT SICH VERÄNDERT?....
    KANN LEIDER NOCH NICHT EINMAL DAS DEUTSCHE MARGARINE-INSTITUT
    BEANTWORTEN....

Um Fette umzuestern, wird das getrocknete, entsäuerte Öl/Fett bei 80-100°C mit einem zugesetzten Katalysator (Natriummethylat) gerührt.
Durch Katalyse kommt es zu den eben genannten Umlagerungen. Die Umesterung wird durch Wasserzugabe und damit der Inaktivierung des Katalysators gestoppt. Nach Auswaschung des Katalysators und der gebildeten Seifen sowie der anschließenden Bleichung und Desodorierung hat das Fett einen höheren Schmelzpunkt.
Bei diesem Prozeß werden als Nebenreaktion auch freie Tocopherole und Sterine mitverestert. Ein Auffinden dieser Stoffe dient zum Nachweisverfahren für eine Umesterung.


 
[ Homepage | Meinungsumfrage | Kleiner Dank | ]