Makrobiotische Ernährung
Der Boom der makrobiotischen Ernährung in den 70er und 80er Jahren ist längst vorbei. Doch hin und wieder wird man (nicht nur durch das Yin-Yang-Zeichen) an diese Ernährungsform erinnert. Nicht gerade wenige Menschen ernähren sich auch heute noch makrobiotisch. Kaum eine Ernährungsform fußt so sehr auf philosophischen Gedanken und Thesen wie die Makrobiotik, so dass  die Beschäftigung mit ihr, auch wenn die Urform, das sei schon hier gesagt, nicht empfehlenswert ist, doch manch interessantes Detail hervorbringt.

Philosophie und Thesen
yin-yang-zeichen Der Name Makrobiotik stammt aus dem Griechischen und heißt soviel wie "Die Lehre vom großen Leben". Geistige Väter waren die Zen-Buddhisten. Die Grundannahme der Lehre ist die These, dass das Universum aus zwei unterschiedlichen Kräften besteht: dem Yin, der ausdehnende Kraft und dem Yang, der zusammenziehende Kraft.

Dem Yin werden noch folgende andere Attribute zugeordnet:
sauer, Kalium, Zucker und Früchte

Yang wird entsprechend zugeordnet:
basisch, Natrium, Salz und Getreide

Nach der Theorie ist die Welt auf den Gegensätzen des Yin und Yang aufgebaut, die sich, so gegensätzlich sie sind, anziehen und ergänzen. Ein glückliches Leben ist nach der Philosophie nur möglich, wenn das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang stimmt. Der Begründer der makrobiotischen Lehre ist Georges Oshawa, der mit 16 Jahren an Tuberkulose erkrankte, behauptete, sich selbst mit der makrobiotischen Kost geheilt zu haben. Die starke Verbreitung der Makrobiotik besonders in den 70er und 80er Jahren geht aber auf jemand anderen, den Japaner Mishio Kushi zurück, der den makrobiotischen Speiseplan an die westlichen Essgewohnheiten anpasste und viel Absurdes aus der ursprünglichen Lehre strich.

Ernährungsrichtlinien
Die Einteilung der Lebensmittel in Yin bzw. Yang ist nicht so einfach, wie man sich dies vielleicht vorstellt. Zum einem findet man, abhängig von der Quelle, unterschiedliche Einteilungen. Zum anderen lässt sich z.B. der Zustand eines Lebensmittels durch die Zubereitungsform in Richtung Yin oder Yang leiten. Die Ursache vieler Zivilisationskrankheiten wird in einer Ernährung mit Lebensmitteln, die dem Yin zuzuordnen sind, gesehen. Vollkornprodukte besitzen nach der Lehre das optimale Verhältnis zwischen Yin und Yang, weshalb sie sozusagen die Basis der makrobiotischen Ernährung darstellen.

Die im Zusammenhang mit der Makrobiotik oft zu findende Einteilung in "Stufen" wird heute nicht mehr vorgenommen. Diese Stufen sahen eine schrittweise Reduzierung der Ernährung bis hin zum ausschließlichen Getreideverzehr vor. Kushi erläuterte später, dass die letzten Stufen, die nur noch Suppe, Gemüse und Getreide vorsahen, als kurzzeitige Heilnahrung zu interpretieren seien.

Im Prinzip sieht die makrobiotische Ernährungsweise als Basis Vollkorngetreide vor, dass ganz, gequetscht oder zu Mehl verarbeitet gegessen werden soll. Dazu werden frisches Gemüse, Bohnen in verschiedenen Zubereitungsformen, Nüsse, Samen und geringe Mengen Obst verzehrt. Die Lebensmittel sollen vornehmlich aus dem ökologischen Anbau kommen.

Verschiedene Sojabohnen Eine große Rolle in der Makrobiotik spielen auch fermentierte Sojaprodukte. Sie sind die Eiweißlieferanten in der Ernährung, da Fleisch (obwohl eigentlich Yang) abgelehnt wird. Auch aus Algen hergestellte Produkte spielen eine wichtige Rolle. Generell abgelehnt werden Kartoffeln, Tomaten, Auberginen (zu viel Yin), Zucker, Konserven sowie Früchte und Gemüse, die mit Mineraldünger oder Insektenschutzmitteln behandelt worden sind. Auch Nahrung, die nicht aus der eigenen Lebensregion stammt oder nicht der Saison entspricht, wird abgelehnt. Milch ist auf dem Speiseplan ebenfalls nicht zu finden, was nicht sehr verwunderlich ist, da der Verzehr von Milchprodukten in der Geburtsstätte der Makrobiotik nicht üblich ist.

Das optimale Verhältnis von Yin : Yang beträgt 5 : 1 und ist aus dem Verhältnis der Mineralstoffe Kalium und Natrium im braunen Reis abgeleitet. Der Reis wird in der Lehre als optimales Lebensmittel betrachtet.

Die Zubereitung der Speisen in der Makrobiotik ist eine eigene "Wissenschaft". Da die Zubereitungsart den Status eines Lebensmittels in beide Richtungen beeinflussen kann, gibt es jede Menge Anweisungen, wie dies erfolgen kann. Geeignete Methoden sind z.B. das Abkühlen, der Zusatz saurer oder süßer Stoffe, das Würzen, Salzen, Trocknen, Lagern und Reifen.

Bewertung
Die makrobiotische Ernährung in ihrer ursprünglichen Form ist strikt abzulehnen. In den USA ist sie sogar verboten, da es dort zu Todesfällen gekommen ist. Als Dauerkost ist aber auch die gemäßigte Variante nach Kushi nur bei einer sorgfältigen Lebensmittelauswahl zu empfehlen. Besonders Kinder, Schwangere und Stillende sollten sich nicht makrobiotisch ernähren, da Mängel an den Vitaminen B12, D und an Calcium und Eisen zu befürchten sind. Besonders schwer ausgeprägte Wachstumsstörungen wiesen in einer Studie makrobiotisch ernährte Kinder auf. Bei mehr als einem Drittel zeigten sich im ersten bzw. zweiten Lebensjahr klinische Rachitiszeichen. Zu begrüßen ist der relativ hohe Anteil an Vollkornprodukten, die Vermeidung von Zucker und Auszugsmehlen und die Bevorzugung regionaler Erzeugnisse. Durch die Ablehnung von Milch und Milchprodukten fehlt eine wichtige Calciumquelle.

In älteren Schriften (heute weniger) wurden zusätzlich unhaltbare Behauptungen aufgestellt, wie z.B. die, dass der Körper selbst Vitamin C herstellen kann oder dass der Körper chemische Elemente ineinander überführen kann. Diese und auch die Behauptung, dass der Verzehr von rohem Reis Parasiten vertreiben würde, sind falsch und entbehren jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Allerdings muss auch gesagt werden, dass viele der Behauptungen auf die Ungenauigkeit der Wiedergabe bei der Übersetzung der ursprünglichen Schriften zurückzuführen sind. So ist z.B. die oft kritisierte Behauptung, so wenig wie möglich zu trinken so zu verstehen, dass so viel getrunken werden soll, wie der Durst verlangt. Damit wird die Aussage schon weniger drastisch.

Stimmen der Fachwelt
Deutsche Gesellschaft für Ernährung Die DGE lehnt die ursprüngliche Kost ebenfalls ab: "Die extrem einseitige Lebensmittelauswahl führt zu Mangelerscheinungen an Eiweiß, den Vitaminen A, D, B12, Niacin, Folsäure, Vitamin C und schließlich bei den Mineralstoffen Eisen, Calcium und Jod." Weiter heißt es: "Abzulehnen ist vor allem der Anspruch, sämtliche Krankheiten, einschließlich Krebs, zu heilen. Besonders gefährlich in diesem Zusammenhang: Die Ablehnung ärztlicher Beratung!" Positiv an der gemäßigten Variante wird der hohe Verzehr an Vollkornprodukten gesehen, da durch die damit verbundene hohe Aufnahme von Kohlenhydraten und Ballaststoffen die Verdauung positiv geregelt wird.

Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Der AID beurteilt die extreme Form ebenfalls negativ, schränkt aber ein: "Die Schwierigkeit für Menschen aus westlichen Kulturen, eine Lebensphilosophie des Ostens und die darauf basierende Ernährungslehre zu verstehen, erklärt, warum die ersten makrobiotischen Schriften gedankenlos und ungenau übersetzt wurden..."

Uni Giessen Erich Menden, ehemaliger Giessener Ernährungsexperte schreibt zum Thema Makrobiotik: "Positiv einzuschätzen an dieser Ernährungsweise ist die Mäßigkeit und Genügsamkeit."


 
Weitere Informationen und Literatur:

Das Makrobiotische Gesundheitsbuch.
Steve Acuff. Goldmann Verlag. 1989
42,- Mark. ISBN 3-442-30527-6
UGB Forum: Verschieden Ernährungsrichtungen
Sonderheft, zu beziehen über:
UGB-Verband für unabhängige Gesundheitsberatung
Kepler Str. 1
35390 Gießen

Informationen über
Makrobiotik im Internet:
http://www.das-grosse-leben.de


 
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