Fasten - nur etwas für Religiöse ?
Fasten ist mehr als nur ein Mittel, um möglichst schnell Gewicht zu verlieren. Im antiken Griechenland war Fasten als Heilmethode bekannt, und auch im Mittelalter wurde das Fasten als Therapieform angewendet. Der wohl bekannteste deutsche Vertreter des Fastens ist Otto Buchinger. Nach ihm sind viele Fastenkliniken benannt. Wer Schilderungen von Menschen, die schon gefastet haben hört oder liest, kommt manchmal aus dem Staunen nicht mehr heraus: Da wird von Erweiterung des Bewusstseins, Energieschüben, Hochgefühlen, etc. berichtet, so dass man eher das Gefühl hat, es handele sich beim Fasten um eine Form des Drogenkonsums. Der Wunsch nach solchen veränderten Bewusstseinzuständen sollte aber nicht der Grund zum Fasten sein. Allerdings hat Fasten in der Tat viel mit der eigenen geistigen Einstellung zu tun. So sollte das Fasten ist z.B. gründlich vorbereitet werden. Doch dazu später mehr.
Formen des Fastens
Das Totale Fasten ist die strengste Fastenform. Sie wird in der Regel (und das ist auch dringend zu empfehlen) stationär und unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt. Es werden nur energiefreie Getränke und Vitamin- bzw. Mineralstoffpräparate zugeführt. Das totale Fasten dient der schnellen Gewichtsabnahme.

Beim Saftfasten sind in kleinen Mengen Obst- und Gemüsesäfte, Gemüsebrühen erlaubt, um die Mindestversorgung an Vitaminen und Mineralstoffen zu gewährleisten. Die Energieaufnahme beträgt ca. 250 kcal/Tag.

Modifiziertes Fasten wir häufig zur Gewichtsreduktion eingesetzt. Diese Fastenform unterscheidet sich von den anderen Formen dadurch, dass ca. 30g Eiweiß und ca. 30g Kohlenhydrate , sowie ca. 10g Fett "verabreicht" werden. Da eine solche Nährstoffrelation mit normalen Lebensmitteln nicht erreicht werden kann, wird auf spezielle Formeldiäten (Pulver zum Anrühren, oder Fertigdrinks) zurückgegriffen. Die o.g. Nährstoffmengen entsprechen den Mindestmengen, die nötig sind, damit zum Beispiel keine negative Stickstoffbilanz (Mehr Eiweißabbau als -aufnahme) oder eine Unterversorgung mit essentiellen Fettsäuren entsteht. Modifiziertes Fasten dient meist der Gewichtsabnahme bei starkem Übergewicht und kann in der Klinik relativ lange durchgeführt werden.

Das Heilfasten dient primär nicht der Gewichtsreduktion, sondern dient eher der vorbeugenden Behandlung chronischer Krankheiten (Stoffwechselkrankheiten, Krankheiten des Bewegungsapparates). Anwendungsgebiete des Heilfastens sind z.B. folgende:

Vorbeugendes Fasten
Heilendes Fasten
Hypercholesterinämie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Hypertonie
Erkrankungen des Bewegungsapparates
Diabetes mellitus
psychosomatische Erschöpfungszutände
Adipositas
Hautkrankheiten
(Stress)
 


Ablauf einer Heilfastenkur
Wer fasten will, sollte sich in erster Linie viel Zeit nehmen. Voraussetzung ist auch einen gewissen Abstand vom Alltag zu haben. Deshalb wird das Heilfasten auch überwiegend in sogenannten Fastenkliniken praktiziert. Doch das Fasten alleine macht noch keine Heilfastenkur aus. Unterstützt wird dieses Heilverfahren durch begleitende Maßnahmen wie Wandern, Schwimmern, Massage, Bäder, Kneipp-Anwendungen, Sauna und Atemschulung, etc. . Die Entscheidung zum Heilfasten sollte generell freiwillig erfolgen, sonst ist der Therapieerfolg in Frage gestellt. Wer sich in eine Fastenkur begibt, sollte auch in der Lage sein Ruhe und Entspannung genießen zu können. Die Vorbereitungszeit: 5 bis 10 Tage vor dem ersten Fastentag sollte bereits begonnen werden den Konsum von Zucker, Kaffee, Tee, Salz, Alkohol und Fleisch zu verringern. Vor dem eigentlichen Fasten sollten ein bis zwei Entlastungstage eingelegt werden. Die Energiezufuhr an diesen Tagen beträgt ca. 600 kcal. Es werden hauptsächlich Kohlenhydrate zugeführt. Dies wird oft in Form sogenannter Reis- oder Obsttage gemacht (50g Reis/trocken auf 3 Mahlzeiten verteilt - entweder mit Obst oder Gemüse gemischt. bzw. 1 1/2 kg Obst auf 3 Mahlzeiten verteilt).

Der erste Fastentag
Das Fasten beginnt mit einer Darmreinigung. Dazu nimmt man 40 g Glaubersalz (Apotheke) auf einen halben bis 3/4 l Wasser. Danach sollte man sich 3-4 Stunden in der Nähe der Toilette aufhalten. Wichtig dabei ist wieder, den Tag in Ruhe anzugehen.

Das eigentliche Fasten
Während der Fastentage sollten folgende Regeln beachtet werden:
  • Es sollten mindestens 2l natriumarmes Mineralwasser
    täglich getrunken werden
  • dazwischen darf täglich je 1/4 l Kräutertee,
    Gemüse- und Obstsaft getrunken werden.
  • Unterstützt werden sollte das Fasten durch viel Bewegung,
    Ruhe und Besinnung, sowie Bäder, Massagen, etc.
  • Über die Dauer einer Fastenkur gibt es
    unterschiedliche Angaben. Für Fastenkenner, die nicht in eine Fastenklinik gehen, wird im Allgemeinen eine Fastenzeit nicht länger als 10 Tage empfohlen. In Fastenkliniken dauert eine entsprechende Kur ca. 2-3 Wochen, jeweils zuzüglich der Aufbauphase von mindestens 3 Tagen.
Das Fastenbrechen
Unter dem Fastenbrechen versteht man, die Aufnahme der ersten festen Nahrung nach einer Fastenkur. Typische Speise für das Fastenbrechen ist ein roher Apfel, der gut penibel gekaut werden sollte. Er kann auch gerieben gegessen werden. Am Abend kann nach Bedarf auch schon eine Suppe gegessen werden. Die sich anschließende Aufbauphase sollte ca. 1/3 der Fastenphase betragen, damit sich der Körper langsam wieder an die feste Nahrung gewöhnt. Auf gar keinen Fall sollte zu schnell wieder auf eine "normale" Ernährung umgestellt werden. Die Kalorienmenge sollte in der Aufbauphase langsam gesteigert werden. Bestand vor dem Fasten ein Übergewicht, sollte die Aufbauphase auch genutzt werden, sich über sein geplantes Essverhalten Gedanken zu machen. Wer jetzt Versäumtes nachholen will, wird schnell wieder zunehmen und schon bald sein altes Gewicht erreicht oder übertroffen haben. Es sollte im besonderen auf die Signale des Körpers geachtet werden, um das Sättigungsgefühl genau zu spüren. Für die Aufbauphase empfohlene Mahlzeiten sind:

  • Müsli aus Haferflocken,
  • Obst (Äpfel, Banane, Kompott)
  • Joghurt, Dickmilch
  • Knäckebrot, Zwieback
  • Frischkäse, Quark
  • Honig, Marmelade, vegetarische Brotaufstriche
  • evtl. Trockenobst (in Wasser eingelegt)
  • Reis mit Gemüse, Gemüsesuppen
  • wenig Salat, evtl. gegart oder blanchiert.
  • rohes Sauerkraut

Wichtig ist viel Flüssigkeit (2-3 Liter) zu sich zu nehmen.


 
Wirkungen aus Sicht der Befürworter
Im Zusammenhang mit Fasten sprechen die Befürworter oft von einer Entschlackung. Der gesamte Organismus werde von innen gereinigt. Weiter wird behauptet, die Darmschleimhaut könne sich während der Fastenphase regenerieren und eine eventuell krankhaft veränderte Darmflora werde reduziert.
Auf rheumatische Arthritis soll Fasten (nach einer schwedischen Studie) einen positiven Einfluss haben.
Auch ein positiver Einfluss auf das Immunsystem und die Haut wird dem Fasten nachgesagt. Die positiven Wirkungen sollen neben dem Körper auch den Geist und die Seele miteinbeziehen. In der Tat berichten viele Menschen, die bereits gefastet haben, von starken emotionalen Erfahrungen.

 
Biochemische Grundlagen des Fastens
Chemisch passiert beim Fasten das, was man als Hungerstoffwechsel bezeichnet.

    Kleiner Exkurs in die Biochemie:

    Für die Energiegewinnung werden körpereigenes Protein und Fett bereitgestellt. Die aus dem Fett freigesetzten Fettsäuren werden über die ß-Oxidation zu Energie umgewandelt und die aus dem Protein gewonnenen Aminosäuren sowie aus dem Fett stammende Glycerin werden für die Gluconeogenese in der Leber benötigt, so dass diese (nach Entleerung der hepatischen Glucosespeicher) ca. 180 g Glucose pro Tag neu produzieren kann. Mit der so gewonnenen Energie wird der Bedarf der Gewebe die auf Glucose als Substrat angewiesen sind, gedeckt.
    Nach längerer Hungerphase wird der Energiebedarf des Körpers soweit es geht reduziert (ca. -10 bis -20 %). Gleichzeitig werden weniger körpereigene Proteine mobilisiert, da der Mensch nur maximal 30 bis 50 % seines Körpereiweißes verlieren kann, ohne zu sterben. Der gedrosselte Abbau von Protein hat zur Folge, dass die Leber weniger Glucose produzieren kann, was wiederum dazu führt, dass sich das Gehirn, das eigentlich nur Glucose verwertet, nun auch Ketonkörper zur Energiegewinnung heranzieht.
    Insgesamt werden ca. 10 g Ketonkörper über den Urin ausgeschieden, die die Ausscheidung von Purinen verhindern. Insgesamt werden während des "Hungerns" 20 bis 60 g körpereigenes Protein ausgeschieden.

Kontraindikationen
Auch von Seite der Fastenärzte wird das Fasten nicht ohne Vorbehalt in jeder Lebenssituation empfohlen. Patienten mit Herzrhythmusstörungen, sollten beim Fasten regelmäßig ein EKG machen lassen. Bei stark übergewichtigen Menschen kann sich der Harnsäurespiegel erhöhen (Abbau vo purinhaltigen Körperzellen). In den ersten 3 Tagen kommt es beim Fasten oft zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen und depressiver Stimmungslage. Das Wissen darum erleichtert manchem das "Durchhalten". Eine eindeutige Kontraindikation für das Fasten liegt vor bei:
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Kindern und Jugendlichen
  • alten Menschen
  • bestimmten Herzerkrankungen
  • Menschen mit erhöhtem Harnsäurespiegel (Gefahr eines akuten Gichtanfalls)

Bewertung
Eine allgemeingültige Einordnung des Fastens in "Gut" oder "Schlecht" ist schwer möglich. Entscheidend scheint mir zu sein, wie das Fasten betrachtet wird. Wer lediglich schnell Gewicht verlieren will oder neugierig auf die versprochenen Hochgefühle ist, sollte lieber die Finger vom Fasten lassen. Wird es allerdings als eine Teil einer langfristig angelegten gesundheitsfördernden Maßnahme betrachtet, ist das Heilfasten sehr wohl empfehlenswert. Entscheidend beim Heilfasten erscheinen mir, dass es in einer Atmosphäre der Besinnung und Ruhe erfolgt, die eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Lebensweise gewährleistet und auch dazu geeignet ist, Änderungen zu planen. Geht es z.B. darum Übergewicht langfristig verhindern zu wollen, muss auch nach der Fastenkur eine bewusste Ernährung durchgeführt werden.
Zu den in "Insiderkreisen" oft genannt Auswirkungen des Fastens gibt es bisher wenig wissenschaftliche Untersuchungen. So ist das Bild der "Entschlackung" zwar sehr angenehm, aber im Körper gibt es sie nicht, so dass es somit eine "Entschlackung" auch nicht gibt.
Im Gegenteil kann Fasten sogar ungünstige Auswirkungen haben. Viele Schwermetalle sind in das Fettgewebe eingebaut und werden beim Abnehmen konzentriert in die Blutbahn freigesetzt. (Sie werden dann allerdings nicht über die Niere ausgeschieden). Gegner des Fastens betrachten diese Belastung als zusätzliches Risiko.

 
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